Gerd Körber feierte zum Abschied Podiumsplatz

Gerd Körber feierte zum Abschied Podiumsplatz

Kuriose Absage beendete Körber‘s Jubiläumsveranstaltung

115.000 Zuschauer feierten mit Gerd Körber seinen letzten Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring. Das Wetter trug über fast das gesamte Wochenende einen grauen Anzug und der Himmel weinte ausgiebig beim dreitägigen Abschied. Tage im November hätten kaum schlechter sein können.

Freitag: Nach den freien Trainings lag Körber auf dem neunten Platz mit 2,253 sec. Rückstand auf den bis dahin führenden Antonio Albacete. Er suchte den Fehler nicht in der Technik, sondern wusste: „Es liegt nicht am Truck, es liegt an mir. Ich bin es seit Jahren gewöhnt mit dem linken Fuß zu bremsen. Es scheint wohl, dass ich damit zu hart mit dem Truck umgehe. Es fällt mir sehr schwer, mich wieder umzuge­wöhnen. Jochen (Hahn) hat einen tollen Truck gebaut, da gibt es gar keinen Zweifel.“

 Im Zeittraining und in der Super Pole kam er jeweils auf den 9. Platz, konnte aber insgesamt den Rück­stand auf 1,788 sec. auf Jochen Hahn verkürzen. Am Abend wurde für den Jubilar eine Party organisiert. Und alle waren da, um mit Gerd Körber nochmals die letzten 30 Jahre Revue passieren zu lassen; die Eltern Adolf und Elfriede, die Brüder Karl-Heinz und Karl-Friedrich, IVECO-Vorstände, das gesamte Team, die Presse und TV sowie die Fahrer der Truck-Europameisterschaft, Mitglieder der ETRC (FIA European Truck Race Championship) und der FIA-Dele­gierte Fabien Calvet.

 Samstag: Das Warm-Up fand im Regen statt. Gerd Körber wurde mit 4,6 sec. Rückstand als 11. gewertet. Das Training hatte aber wenig Aussagekraft, da das Wasser zentimeterhoch auf der Strecke stand.

Aufgrund der chaotischen Wasserverhältnisse auf der Strecke entschied die Rennleitung das Feld zwei Runden hinter dem Pace-Truck zu lassen und danach eine Runde unter Gelb mit Überholverbot fahren zu lassen. Hahn nutzte als Pole-Setter die Gunst der Stunde und versuchte dem Feld zu entkommen. Hinter ihm folgten Norbert Kiss (HUN) und Adam Lacko (CZE). Körber steckte im Verkehr fest und da ging es nach der Device „erstmal auf der Strecke bleiben“. Er pendelte zwischen Platz 9 und 10. Erst rang er André Kursim nieder und machte dann Jagd auf den vor ihm fahrenden David Vrsecky (CZE). Der Helmlinger legte sich seinen ehemaligen Teamkollegen zurecht, da er wusste: „David macht keine Dummheiten, aber er weiß, dass er im Regen einen verdammt guten Truck hat.“ Körber setzte in der letzten Runde alles auf die Karte „Hatzenbach-Bogen und die Geraden“. Doch mit seinem 6.000 Newton­meter Drehmoment und dem allerletzten Bremspunkt beim 100-Meter-Schild vor der Schikane konnte der Tscheche einen erfolgreichen Angriff abwehren. Er rettete die Motorhauben-Länge des Buggyra über den Zielstrich. Beide kämpften um den achten Platz, denn dieser bestimmt die Pole-Position für den zweiten Lauf. Die ersten Acht starten im zweiten Lauf immer in umgekehrter Reihenfolge. Daher ist dieser achte Platz neben den Podiumsplätzen bei dem Truck-Racern sehr begehrt „Ich hing einfach zu lange hinter Kursim fest, sonst hätte ich David überholen können. Es fehlte mir einfach eine Runde“, so Körber nach dem Rennen. Doch die Rennleitung hatte bei Vrsecky Overspeed festgestellt. Statt der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h wurde beim Tschechen ein Spitzenwert von 170 km/h ermittelt. Dies zog eine 20-Sekunden-Strafe nach sich. Damit wurde Gerd Körber als 8. gewertet und stand mit seinem weiß-orangen IVECO auf der Pole-Position.

„Mensch, da bin ich doch Kanonenfutter für die schnellen Buggyra und MAN“ wetterte Körber, nachdem er erfahren hatte, dass er die Pole innehatte. Aber das Kanonenfutter schoss zurück. Zwar musste er nach vier Runden Adam Lacko und eine Runde später Antony Janiec (FRA) vorbeilassen. Die restlichen Verfolger hatten aber keine Chance. Es schien, dass Fahrer und Race-Truck eine Einheit waren. Marken­kollege Jochen Hahn hatte eine Sekunde Rückstand, kam aber nicht in Angriffsposition. Teamchef Konrad „Conny“ Hahn: „Jochen macht nichts Verrücktes. Wir fahren um die EM und wegen eines Platzes riskiert er nicht, dass beide Trucks abfliegen. Außerdem fahren ja beide zusammen in der Teamwertung, und die gewinnen wir mit den Platzierungen.“ Während an der Spitze Adam Lacko, mit großem Abstand,  den Arm locker aus dem Fenster hätte hängen können, beschenkte sich der Jubilar mit dem dritten Platz und damit einem Auftritt bei der Siegerehrung. Die Fans feierten „ihren“ Gerd Körber frenetisch bei der Pokalübergabe und der anschließenden Sektdusche. Danach wusste er zu berichten: „Die Jungs um Schorsch Glöckler und Tscharlie haben mir einen supertollen Truck hingestellt. Ich denke im Regen habe ich den IVECO verstanden. Danach sah es heute Morgen im Warm-Up nicht aus.“ Und Jochen Hahn räumte auch ein Gerücht aus der Welt: „Einige denken, ich hätte Gerd den dritten Platz geschenkt. Davon kann gar keine Rede sein, Gerd hat ein absolut fehlerfreies Rennen gefahren. Der IVECO wird bei uns aufgebaut. Ich weiß, was der Truck kann.“

 In der Teamwertung konnten die Bullen von Iveco-Magirus (Gerd Körber, Jochen Hahn) den Sieg feiern.

Sonntag: Im Warm-Up, Zeittraining und Super-Pole wieder das altgewohnte Bild. Körber bewegte sich zwischen Platz 8 und 11. Am Ende reichte es in der Super-Pole zum 9. Startplatz. Ehefrau Neema Körber vollführte vor dem Start einen Regentanz und wurde erhört. Am Start blieb Kiss kurz an der Spitze, doch Lacko wollte seine Ruhe haben, übernahm die Führung und setzte sich ab. Dahinter kam es zum Chaos. Einige hatten Mühe ihre Trucks auf der Strecke zu halten und krachten in Gegner oder Reifenstapel. Kiss rutschte ebenfalls von der Strecke, verlor ein paar Plätze, konnte das Rennen aber fortsetzen. Und plötzlich war der IVECO mit der Startnummer 27 auf dem dritten Platz. Am Start von Platz 9 direkt auf den 5. Platz gestürmt und in der zweiten Runde bereits auf Platz 3, da staunte man auch im Team nicht schlecht. Von hinten kam Anthony Janiec angeflogen. Bei der französischen „Wundertüte“ weiß man nie, was er macht. Es gibt keinen Fahrer im Feld, der nicht schon schlechte Erfahrungen und zahl­reiche Materialschäden durch den Franzosen gesammelt hat. Ein Typ zwischen Genialität und Wahn­sinn.

 An diesem Wochenende gab es aber nichts zu beanstanden. In der Kurzanbindung schob er sich neben Körber und zog einfach vorbei. Körber kam kurz aus dem Tritt und fiel auf den achten Platz zurück. Vor ihm Jochen Hahn, was im Ziel bedeuten würde, dass beide IVECO in der ersten Startreihe stünden. Das wollte man auf keinen Fall wegwerfen. Adam Lacko siegte zum dritten Mal wieder mit großem Vorsprung, sodass ihn wahrscheinlich nur noch die Funksprüche von der Box wach hielten. Die Konkurrenten in der EM wussten keinen Rat wegen der Überlegenheit des tschechischen Teams und Fahrers.

 Der letzte Lauf wurde zur Kuriosität in der Geschichte der Truck-EM. Vor diesem Lauf sollten die Fahrer des Mittelrhein-Cups starten. Es gab auch eine Einführungsrunde und kurz darauf die rote Flagge und die Runde bis zu Start-und-Ziel. Danach war die Strecke nicht nur voller Regenwasser, sondern auch komplett eingeölt. Was zuerst witzig aussah, entwickelte sich zur Katastrophe. Tonnen von Ölbindemittel wurde auf der regennassen Strecke verteilt, doch es wurde eigentlich immer schlimmer. Zum Schluss war die 3.629 mtr. lange Rennstrecke voller Ölbindemittel. Dann wollte man den Start der FIA-EM vorziehen, doch die Fahrer waren sich einig: Darauf kann man nicht fahren. Vor allem die beiden IVECO-Fahrer in der ersten Startreihe hätten die A…karte gezogen. „Selbst wenn die alles wegfegen und sauber­machen, bleibt da ein Rest. Jochen und ich wären dann nach dem Start in Führung die Testhasen für das restliche Feld.

 Das macht keinen Sinn“, so Körber und ergänzte mit einem eigenen Vorschlag: „Wir fahren die 13 Runden unter Full-Course-Yellow und Überholverbot. Das wäre zwar ein etwas langweili­ges, aber erfolgreiches Rennen.“ Die Rennleitung verschob das Rennen immer wieder und entschied um 17 Uhr: Es gibt keinen Start mehr, die Veranstaltung wird aus Sicherheitsgründen und Unbefahrbar­keit der Strecke abgebrochen. Damit geht Gerd Körber mit einer Pole-Position ohne Rennen in die Geschichte ein.

 Insgesamt holte Gerd Körber bei seinem letzten Nürburgring-Rennen 14 Punkte und liegt nun mit 61 Punkten auf dem 6. Platz der Europameisterschaft.

 In der Teamwertung führt Buggyra Racing 1969 nun mit 170 Punkten vor den Bullen von Iveco-Magirus mit 165 Punkten und Team Reinert Adventure mit 163 Punkten.

 Der vierte Lauf zur Truck-Europameisterschaft findet am 15.-16.07.2017 auf dem Slovakiaring in der Nähe von Bratislava statt.

Text/Foto: Gerd Körber