Klassensieg für Alex Schneider vom AC 1927 Mayen e.V. beim 24h Classic 2022 auf der legendären Nordschleife des Nürburgrings

Klassensieg für Alex Schneider vom AC 1927 Mayen e.V. beim 24h Classic 2022 auf der legendären Nordschleife des Nürburgrings

Zum 50. Jubiläum des 24H Rennens einmal eine längere Vorstellung von drei Schneider-Generationen und dem legendären NSU TT.

NSU Autos sind bei der Familie Schneider seit drei Generationen am Start. Opa Manfred fuhr Rally’s und wurde 1970 Vizemeister im Slalom unter der Bewerbung des AC Mayen, Vater Wolfgang bewegte seit den 1980er Jahren seinen roten TT von 1971 bei historischen Rennen, und Sohn Alex baute aus dem 70er TT von seiner Mutter einen Gruppe 2 Renntourenwagen auf von 2018 bis 2019.

Mit seinen Eltern „musste“ der 1999 geborene Alex bei fast allen 24h Rennen an der Nordschleife zelten und hat somit Motorensound, Benzin, Reifen und Ölgeruch schon als Baby erfahren „dürfen“. Als 15-jähriger mit dem Mofa fuhr er dann aber auch schon mal alleine zum Ring und zog auch seine Kumpels mit dorthin. Bis dahin hatte er schon viele Kart-Rennen gefahren, gewann die WAKC Meisterschaft und den Bundesendlauf in seiner Klasse. Zum Glück ist der Nürburgring so nah.

Als Kart Slalom Kid beim AC Mayen wanderte Alex Schneider schon in jungen Jahren zusammen mit seinem Kart Trainer Michael Martini und seinen Clubkameraden der AC Mayen-Kart-Jugend um die halbe Nordschleife. Bei seinen beiden Starts im Kartcorso unmittelbar vor dem Start des 24h Rennen 2012 und 2013 erlebte er zum ersten Mal als 11-12-Jähriger die Faszination dieser Veranstaltung als Fahrer vor tausenden von Zuschauern an der Nordschleife. Seinen Traum im Rennwagen diese einmalige Strecke zu umrunden, konnte er sich erstmalig 2020 in einem NSU TT zusammen mit einem langjährigen Youngtimer Fahrer erfüllen. Im vergangenen Jahr im eigenen Wagen gewann er dann seine Klasse und war im Regen zeitweise unter den Top 50 im Gesamt. Leider liefen diese beide Veranstaltungen unter Corona Bedingungen, außer den Sportwarten gab es niemanden, der einen auf den 25 km anfeuerte. Auch musste das Fahrerlager schon freitags nach dem Rennen geräumt werden, um die Anzahl der Personen aufgrund behördlicher Corona Auflagen möglichst gering zu halten.

In diesem Jahr zum 50. Jubiläum war alles anders! Der NSU TT von 1970, der nun schon im vierten Jahr beim Kampf der Zwerge und der NSU TT Trophy eingesetzt wird, (zweimal konnte Alex die Meisterschaft gewinnen) bekam aus Sicherheitsgründen neue Achswellen, Radnaben, Radlager und Bremsen. Diese Teile sind bei dem besseren Grip der modernen Rennreifen beim NSU ein Schwachpunkt. Einige der Heck getriebenen SIMCA und NSU verlieren deshalb schon mal ein Hinterrad, wenn etwas wegen Materialermüdung bricht. Vor diesem Hintergrund und der anspruchsvollen Nordschleife sollte jegliches Risiko vermieden werden, und daher wurden einige Nachtschichten in der heimischen Werkstatt eingelegt.

Der Veranstalter hatte mit zahlreichen Aktionen zum Jubiläum ein sehr gut gefülltes Fahrerlager, was die 184 gemeldeten Teams der historischen Fahrzeugen bis 1994 auf dem Streckenabschnitt der zum Fahrerlager umfunktionierten Mercedes Arena zusammenrücken ließ. Bereits am Mittwoch bei den Adenauer Racing Days konnte das Familienteam Schneider aus Bleckhausen mit dem roten NSU TT, der seit 1980 im Familien-Besitz ist, eine Ehrenrunde auf der Nordschleife mit zahlreichen ausgesuchten 24H Ikonen der letzten 50 Jahre drehen. Nach der Vorstellung auf dem prall gefüllten Marktplatz durch Jörg Henning und Olli Martini kamen die Teilnehmer-Fahrzeuge in den Nürburgring Boulevard, der über die Tage extrem gut besucht war. Die Technik des roten NSU TT von Wolfgang Schneider gewann 1972 die Klasse der Spezialtourenwagen bis 1300 cm³ und den 9. Gesamtplatz beim 36 H Rennen, mit den drei Wittlicher Rennfahrern Friedhoff,Krischel und Lütticken. Von Anfang an, also ab 1967 gab es in den Klassen bis 1000, 1150 und 1300 cm³ zahlreiche Fahrer auf NSU bei den Langstreckenrennen auf dem Nürburgring sowohl als Serientourenwagen mit Straßenzulassung, als auch bei den Spezialtourenwagen. Jean Todt und zahlreiche andere Rally Fahrer begannen ihrer Rally Karriere, Günther Irmscher wurde Deutscher Tourenwagen Meister auf NSU und gewann die damals längste Rally der Welt als Gesamtsieger, die Tour d´Europe 1967. Der Deutsche Rallymeister wechselte dann bekanntermaßen auf OPEL.

Siegfried Spiess, Klaus Ludwig, Manfred Winkelhock, Harald Ertl und viele andere berühmte Rennfahrer begannen auf einem NSU ihre Motorsportkarriere, über 30 nationale Meisterschaften und hunderte Klassensiege wurden damit eingefahren. Besonders bei Slalom und Bergrennen war der wendige NSU eine Macht. Das Besondere an dem Neckarsulmer Flitzer ist der damals hochmoderne, leichte luftgekühlte Motor quer über der Hinterachse idealerweise eingebaut. Außer dass es ein Reihenmotor ist, hat er sehr viel Ähnlichkeit mit den 911er-Porsche Motoren, was Form der OHC Köpfe, Zylinder und das Alu Kurbelgehäuse betrifft. Tuner wie ABT, Nothelle und Spiess zauberten bis zu 140 PS daraus. Die Vorderachse mit Doppelquerlenkern, kompakten Schraubenfedern wie in Renntourenwagen heute üblich, und Einzelrad Aufhängung hinten war in den 60er Jahren eher selten zu sehen. Die meisten Autos besaßen in den 60er noch starre Achsen und Blattfedern sowie Trommelbremsen rundum. Dabei wurden Motor, Getriebe und Achsantriebsgehäuse fast ausschließlich aus schwerem Gusseisen gebaut, bei NSU ist fast alles aus Aluminium gefertigt. Scheibenbremsen vorne und belüftete Alu Trommeln hinten waren völlig ausreichend, die nur 640 Kilogramm sicher zu stoppen. Ein Zweikreis Bremszylinder war damals schon in den USA gefordert und somit leicht auch in Deutschen TT’s zu montieren.

Der ehemals größte Motorradhersteller der Welt aus dem Schwabenland, mit 5 Moto GP Weltmeister Titeln und über 50 Weltrekorden in den 50er Jahren, hatte genügend Knowhow, um auch im Autobau sportliche Technik Serienreif zu präsentieren. Neben den biederen 43 PS Serien Prinzen kam bereits der erste sportliche Prinz, der TT 1100 1965 auf den Markt. Der TTS 1000zum hatte 1967 eine vier Vergaseranlage,Ölkühler vorne und wurde mit verschiedenen Getriebe und Achsübersetzungen,sowie mit einem Speedsatz  (85 PS) direkt ab Werk angeboten. Ab 1968 gab es den 1200er TT,der bis 1300cm³ aufgebohrt werden konnte. Typische knallige Farben beim TT und TTS wie Alfa-Rot und Targa-Orange belebten damals das Straßenbild der Hippie-Ära. In den alten Programmheften bis 1976 findet man diese Autos in großer Zahl. Beim 24h Rennen gab es ganze Rudel. Am erfolgreichsten waren diese wendigen Fahrzeuge aber bei Bergrennen mit zahlreichen Meistertiteln. Aufgrund der damaligen Motorsportgesetze der ONS durften 5 Jahre nach Beendigung der Produktion diese Autos an keinen Rennen mehr teilnehmen. Somit war auch das Schicksal dieser beiden Rennwagen der Familie Schneider schon 1977 besiegelt und landete wie viele andere Marken beim Speedway und Auto Cross. Auf dem ehemaligen Südschleifen Schrottplatz fand Wolfgang Schneider 1980 eine unverbeulte Ersatzkarosserie und baute das rote Rennfahrzeug wieder neu auf. Ähnlich erging es dem weißen Renner von Alex. Später hat man dann die Gruppe H für ältere Rennautos eingeführt, deshalb fahren auch heute noch der OPEL Manta, oder ältere Golf und Kadett bei aktuellen Rennserien wie den 24h, RCN und VLN mit.

Bei den wenig überlebenden NSU Rennwagen hat man aber mit einer viel schwierigeren Ersatzteilversorgung zu kämpfen, weil die Firma bereits 1969 von VW übernommen und die Produktion der TT und TTS zwei Jahre darauf beendet wurde.

Am Vatertag der 24H 2022 ging es für Alex zuerst früh morgens für eine Stunde in einem BMW E36 225i in der RCN auf die Nordschleife. In guter Position liegend flog dann nach dem Fahrerwechsel dem Besitzer des BMW bei 200 km/h am Schwedenkreuz die Motorhaube auf. Zum Glück konnte der Wagen, zwar ziemlich demoliert, sicher abgebremst werden, aber damit war der Einsatz ohne Punkte beendet. Anschließend wurde der weiße NSU TT für das Qualy vorbereitet. Der 22-Jährige Flugzeugmechaniker vom AC Mayen drehte nur wenige Runden beim zweistündigen Qualy am Donnerstagnachmittag, und stellte seinen NSU vorzeitig mit einer tollen Rundenzeit und dem ersten Platz in seiner Klasse ab. Ein Ersatzmotor konnte wegen fehlender Teile leider nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt werden, somit wollte man den einzigen Motor schonen. Am Freitagmorgen begann dann wie so oft am Ring ein Pokerspiel wegen des Wetters. Die Eisheiligen hatten sich verspätet zurückgemeldet, dunkle Wolken und Temperaturen von unter 10 Grad erforderten besonderes Augenmerk auf Reifen und Vergaserabstimmung. Beim Einrollen zum Vorstart meldete Alex per Funk schon ein zu mageres Gemisch bei 8000 Umdrehungen, die montierten Intermediatereifen wollte er trotz Regenvorhersage des Wetterdienstes gegen Slicks in der Startaufstellung getauscht haben. Vater Wolfgang rannte mit dem Düsenkasten für die vierfach Vergaser und Schraubenzieher los und die anderenTeam-Mitglieder kümmerten sich um den Reifenwechsel, da nur wenig Zeit bis zum Räumen des Startplatzes war. Schon in der Einführungsrunde kam der erste Nieselregen herunter, offenbar aber nur, weil das hoch gelegene Start und Ziel tiefe Wolken hatte. Der größere Teil der Nordschleife war noch trocken. Per Funk meldete Alex, dass er mit den neuen Slicks, die etwas mehr Luft als üblich bekamen voll zufrieden sei und bis zur 8. Runde selbst bei zunehmenden Schauern keine Regenreifen montieren wollte. Der Pflicht Boxenstopp (für die welche alleine fahren etwas länger, damit das Ab und Anschnallen bei Teams mit Fahrerwechsel gleich lange dauert) beinhaltete dann auch nur nachtanken, Scheiben putzen und einen Ölstands Check. Alex brauste wieder auf Slicks los, während viele andere Teams auf Profilreifen wechselten. Gegen Ende des Rennens schüttete es an Start und Ziel teilweise heftig, einige Fahrzeuge rutschten aber auch mit Regenreifen von der Strecke. Alex schaffte es mit seinem nur etwa 120 PS schwachen 1300er NSU TT sehr viele modernere und Hubraumstarke Autos hinter sich zu lassen und beendete als 34er im Gesamt fehlerfrei und ohne Blessuren das Rennen mit einem Klassensieg. Das Konzept Heckmotor mit Kart oder Formelwagen ähnlicher Achslastverteilung, direkter Lenkung und nur 640 kg Gewicht in der Hand eines ehemaligen Kartrennfahrers überzeugt auf der Nordschleife auch heute noch. Unvergessen die Erfolge auf der Nordschleife von Willi Bergmeister auf Spiess NSU, der als Gesamt vierter hinter 3 BMW 3,5 Liter CSI Coupes und Divisionssieger bis 2 Liter beim Großen Preis der Tourenwagen Europa Meisterschafts Lauf 1975 die Motorsportwelt begeisterte.

Anschließend wurde dann vom ganzen Team das spannende, endlich wieder ohne rote Flagge, „Richtige“ 24h Rennen verfolgt. Hier kamen die zahlreichen Fans rund um den Ring voll auf ihre Kosten. Es fuhren da tatsächlich ein Dacia und ein Golf mit, deren Rundenzeiten langsamer als die von Alex im 52 Jahre alten NSU TT waren. Aber der letzte NSU beim 24 h Rennen am Ring war nur bis 2000 und 2001 zugelassen. (und kam jeweils ans Ziel) Man wollte damals die „Kleinen“ weghaben als es noch über 210 Bewerber gab.

Text/Fotos: Wolfgang Schneider.